Kathrin Hofmeister: Küchengärten. Die Lust am schönen Nutzen
Barocke Augenfreuden
Der Boom von Zeitschriften, die das schöne Landleben betrachten, legt nahe, dass es uns ein echtes Bedürfnis ist, in Zeiten wachsender Betonberge, Geist und Hände im satten Grün zu erden. Darüber hinaus reiht sich die Lust am Garten ein in den neuen Trend, Dinge selbst zu machen und zu gestalten. Denn es geht in der gängigen Gartenliteratur weniger um die Natur als um die Freude an der Gestaltung derselben. Kathrin Hofmeister hat gemeinsam mit den kongenialen Fotografen Ulrike Romeis und Josef Bieker einen liebevoll gestalteten Bildband über Küchengärten verfasst. Ich lasse sich von der Lust am schönen Nutzen verzaubern.
Auch wenn Hofmeister sich die Mühe gemacht hat, ein ordentliches Inhaltsverzeichnis zu verfassen, sollte jedem klar sein, dass ein Bildband weder die Möglichkeiten noch den Anspruch hat, umfassendes Wissen über Küchengärten zu vermitteln. Dennoch wird in einem ersten Kapitel kurz auf die Entstehung der Küchengärten eingegangen. Klöster und große Bauernhöfe hatten seit jeher versucht, sich stets selbst mit Erzeugnissen aus dem Garten zu versorgen und so unabhängig zu bleiben. Faszinierend ist dagegen, dass Friedrich der Große seinerzeit in Potsdam eigens einen Küchengarten anlegen ließ und damit die Feinschmecker in ganz Europa entzückte.
Alte Tradition neu erweckt
Es ist schön zu sehen, dass sich diese alte Tradition der Küchengärten auf mannigfaltige Weise erhalten hat. Kathrin Hofmeister hat vier Küchengärten ausgewählt, die sie besucht hat und die von ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten bewirtschaftet werden. Jeder Küchengarten wird mit einer Einführung und einem ausführlichen Fototeil bedacht. Die beiden Gärtnerinnen von De Boschhoeve in den Niederlanden teilen sich Profession und Leidenschaft, Hobby und Beruf vereinen sich zu einem üppig barocken Farbenspiel, bei dem es nicht ums Ernten, sondern ums Anschauen geht.
Ganz anders der Küchengarten auf Schloss Ippenburg, wo die Schlossherrin zusammen mit ihrem Team für Sterneköche und den Eigenbedarf Blumen und Gemüse anbaut. Ihr Garten gleicht eher den traditionellen Bauerngärten und auch die große Anbaufläche weist auf die sowohl wirtschaftliche als auch ästhetische Orientierung hin. Deshalb fällt das Farbenspiel hier auch nicht ganz so üppig aus, dafür ringt einem der offensichtliche Umfang des Projekts großen Respekt ab.
Zucht und Erhalt
Wieder anders wirtschaftet der Kaldenhof, wo in kleinem Familienbetriebsrahmen Gemüse und Blumen gezüchtet werden. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, wagt das Unternehmen regelmäßige Blicke über den Tellerrand und gliedert z.B. Gemüsesorten und Wirtschaftsweisen aus Südeuropa in das Zuchtprogramm ein, ohne den Erhalt autochthoner Sorten zu vernachlässigen. Damit ensteht ein Eldorado für Kleingärtner, die gerne in ihrem eigenen Küchengarten robuste und schmackhafte Sorten anbauen möchten.
Schließlich kommen auch einige Selbstversorgergärten mit Schönheitsanspruch zum Zuge, sie gleichen am ehestem dem, was man als Leser zuhause umsetzen könnte. Liebe zum Detail und eine schöne Umgebung sind einer ästhetischen Gartengestaltung mehr als zuträglich, nicht jeder hat beides. Immer jedoch geht es ums bewusste Ernten und Genießen, um den Umgang mit den Ressourcen des Bodens und um den guten Geschmack. Letztlich ist er es, der in der heutigen Zeit ein Hauptgrund zum Gärtnern ist, neben der offensichtlichen Entspannung und seelischen Wohltat. Ein optischer Einstieg in dieses Metier ist durch Hofmeisters Küchengärten auf jeden Fall gewährleistet.
Titelangaben:
Kathrin Hofmeister, Ulrike Romeis, Josef Bieker: Küchengärten. Die Lust am schönen Nutzen.
München: Deutsche Verlags- Anstalt, 2014. 144 Seiten. 29,99 EUR.