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Monika Künti: einhängen & verschlingen. Maschenbildung mit vorangeführtem Fadenende

Textiles Werken wie vor 2000 Jahren

 

Auf eine interessante und spannende Zeitreise darf sich jeder freuen, der Monika Küntis einhängen & verschlingen in der Hand hält. Dank ihr lernte ich eine textile Verarbeitungstechnik kennen, die die Menschen viele hundert Jahre lang zur Herstellung von Stoffen und Maschenstrukturen benutzt hatten und die mittlerweile durch Häkeln und Stricken ganz verdrängt worden ist. Schade eigentlich, denn auch mit nur einer Nadel und einem endlichen Faden lassen sich tolle Dinge herstellen!

 

Zuvorderst: ich brauchte schon etwas Sitzfleisch, um mich durch den sehr sachlich gehaltenen Text zu lesen. Zwar mag ich Sachbücher an sich gerne, aber ein Sachbuch über eine Handarbeitstechnik halte ich dann doch nicht ständig in der Hand. Küntis Grundlagenwerk liest sich aber sehr trocken und man braucht schon einiges an Geduld. Dafür wird man aber reich belohnt, denn Monika Künti ist in ihrer Darstellung und Analyse sehr gründlich!

 

Weltkarte der Handarbeit

 

Im ersten Teil gibt Monika Künti einen historischen Überblick über die Verbreitung dieser maschenbildenden Technik. Allein das ist schon hoch interessant. Überall auf der Welt haben seit der Jungsteinzeit Menschen mit endlichem Faden Stoff hergestellt. Zwar sehen die Beispiele aus den verschiedenen Kontinenten sehr unterschiedlich aus, doch im Endeffekt handelt es sich um Musterausprägungen der gleichen Technik. Als würde ich mich beim Stricken zwischen Rippen- und Zopfmuster entscheiden müssen.

 

Es ist faszinierend, zu sehen, was früher aus der einhängenden und verschlingenden Technik alles gemacht wurde. Hängematten in Polynesien, Tragetaschen in Südamerika, Kindertragen in Asien. Überall wurden Variationen der gleichen Technik genutzt, deren großartiger Vorteil darin liegt, auch sehr dicke und sperrige Faden (z.B. Rattan) verarbeiten zu können. Hier stößt man ja z.B. beim Stricken durchaus auf Grenzen, denn die Verarbeitung wird mit zunehmender Fadendicke schwieriger. Ich sage nur: Teppiche aus T-Shirts!

 

Kleines Techniklexikon

 

Also wird mir schnell klar, dass ich Küntis Techniken wahrscheinlich für meine Upcyclingprojekte nutzen kann. Ich werde es Euch wissen lassen! Insofern ist der ausgeprägte Definitions – und Technikteil, der nun folgt, für mich wirklich wichtig. Sehr ausführlich und genau definiert Künti zuerst, wie sie ihre Technik verstanden haben will und gibt dann einen umfangreichen Überblick über Material, Techniken, Werkzeuge und Hilfsmittel.

 

Der wichtigste Teil ist natürlich der praktische. Hier wird zwischen einhängenden und verschlingenden Techniken unterschieden, die allesamt jeweils in ihren unterschiedlichen Ausprägungen Schritt für Schritt und sehr genau erklärt werden. Die Fotografien von Samuel Künti sind hier Gold wert. Schön ist auch, dass Künti bereits Anregungen für Muster und Farben gibt und man sich nicht alles selbst aus den Fingern saugen muss. Auch Beginn und Schluss der Arbeiten werden erläutert und man hat den Eindruck, dass keine Fragen mehr offen bleiben.

 

Am Ende auch etwas fürs Auge

 

Das hört sich alles gewichtig und trocken an und ist es auch. Deshalb bin ich mehr als froh, als dem praktischen Teil ein bebilderter Projektteil folgt, wo Arbeiten der Künstlerin und ihrer Schüler und Kolleginnen gezeigt werden. Hier sehe ich erst, wie filigran und stabil die vorher beschriebenen Techniken dann am konkreten Projekt wirken und spätestens jetzt bin ich sicher: Ich will das können. Mein Bastelmamahirn braucht immer noch Bilder, um sich zurecht zu finden und gottlob mangelt es daran nicht. Ich bin gespannt, was sich alles aus dieser Technik heraus herstellen lässt.

 

Titelangaben:

Monika Künti: einhängen & verschlingen. Maschenbildung mit vorangeführtem Fadenende.

Bern: Haupt Verlag, 2014. 224 Seiten. 39,90 EUR.

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