Isabelle Guiot – Hullot: Neues aus der zauberhaften Papierwerkstatt.
Verträumte Skulpturen
Die Papierskulpturen der französischen Bloggerin, Bastlerin und Autorin Isabelle Guiot – Hullot sind ganz vieles: verträumt, verspielt, verkitscht, banal, bezaubernd, ätherisch und dekorativ. Auf diese bunte Mixtur sollte sich einlassen, wer mit ihr Neues aus der zauberhaften Papierwerkstatt erkunden will. Es ist ein klassisches Bastelbuch mit Schablonen und Schritt-für-Schritt Anleitungen, so dass auch diejenigen, die sich selbst zwei linke Hände attestieren, zu einem gelungenen Ergebnis kommen können.
Das Prinzip des Bastelns ist es auch, das das Buch sowohl einengt als auch durchführbar macht. Jeder der Entwürfe kann gut nachgearbeitet werden, aber keiner ist originell oder geht über das Dekorative hinaus. Dank der Kombination aus Papierdraht, Papierresten und Fundstücken aus der Natur entsteht aber keine kitschige Bastelei sondern – französischer Chic eben. Die Entwürfe schrammen konsequent knapp an der Banalität vorbei und sind dabei doch so bezaubernd, dass man sie einfach gerne betrachtet.
Stilleben aus Papier
Es liegt an der Natur des bedruckten Papiers, dass es Ruhe ausstrahlt, vor allem, wenn es sich um alte Buchseiten handelt. So werden Guiot – Hullots Motive zu bezaubernden Stilleben, die die Natur, den Menschen und seine Umwelt abbilden. Der Sockel der Skulpturen ist meist aus einem Naturfundstück oder selbsthärtender Modelliermasse gefertigt und hält die Drahtfiguren da, wo sie hin sollen. Im Fall von Äpfeln und Birnen ist man etwas hoffnungslos, doch schon wenn eine Vogelfamilie im Schilf steht, beginnt der Zauber.
Guiot – Hullot hat ihr Bastelbuch in mehrere Kapitel aufgeteilt. Angaben zu Material, Grundtechniken und Schablonen sind extra zusammengefasst. Die Motive teilen sich auf in die Bereiche Natur, Zwischenmenschliches, Hängende Skulpturen und kleine Geschenkideen. Von naturalistischen Szenen über Mobiles, Hochzeitstortenfiguren und kleinen Guckkästen ist also alles dabei.
Stilles Panoptikum
Bis hierher wäre mir das Buch zu fade. Weder habe ich Lust, alles aus vorgefertigten Schablonen nachzuschneiden, noch interessieren mich Obstteller oder im Mond schaukelnde Kinder. Was mich aber durchaus fasziniert an den Papierskulpturen von Isabel Guiot – Hullot ist das Gestaltungsprinzip an sich. Die Figuren sind zugleich dekorative und reflektierende Momente in einem lauten und unruhigen Alltag.
Als eine Art stilles Panoptikum entführen sie Szenen in ein Paralleluniversum. Wer sagt denn auch, dass man sich auf die Vorlagen der Autorin beschränken muss? Dank der schön bebilderten Angaben zu Material und Grundtechniken wird von Anfang an ein Prinzip an die Hand gegeben, nach dem Papier bearbeitet werden kann. Ob man sich dabei auf kitschige Alltagssituationen beschränkt, bleibt jedem selbst überlassen. Vielleicht öffnet sich auch ein neues Universum.
Titelangaben:
Isabelle Guiot – Hullot: Neues aus der zauberhaften Papierwerkstatt.
Aus dem Französischen von Petra Bös.
Münster: LV- Buch, 2016. 100 Seiten. 14,95 EUR.