Road Trip VIII- Toledo

Oh – Toledo! So hieß unser Hostel, das Oasis Toledo. Was für eine herrliche Bruchbude mit Blick über die Altstadt und den Alcazar! Wir brachen noch am Samstag Mittag von León auf und nahmen einen Passagier mit: Meinen Bruder. Er sollte uns ein paar Tage begleiten. Schon allein nach Toledo zu gelangen, war ein Abenteuer. Ohne Mautstraßen durch die La Mancha bei 45°C und weit und breit nichts. Don Quijote lässt grüßen. Echt! Er steht in Toledo überall herum. Erst, als wir durch die Stadttore den Berg hinauf fuhren, ahnten wir, dass wir mit unserem VW-Bus ein Problem bekommen könnten. Tja, im Mittelalter haben sie halt anders gebaut. Unseren Bus stellten wir in einer Garage ab und suchten unser Hostel mit Gepäck auf Schusters Rappen.

Mann, war das toll! Als wären die Ritter wieder auferstanden. Das maurische Erbe fiel uns von allen Seiten an und um einen Blick auf einen echten El Greco zu erhaschen, musste man nur ein paar Kirchentüren öffnen. Uns taten die Füße weh und doch konnten wir uns nicht satt sehen. Friederike beschloss – wen überrascht es – hier mal zu wohnen, wenn sie groß ist. Irgendwie fanden wie abends auch Tapas Bars und Restaurants und genossen unser Leben. Außerdem hab ich gefühlt den gesamten bunten Fächerbestand von Toledo aufgekauft. Wer weiß, wann ich mir wieder einmal Luft zufächeln muss? Das wäre eine wundervolle Stadt für mich….

In der Zwischenzeit darf ich eine Taufe dekorieren. Der kleine Rufus wird inmitten bunter Fischlein und Seerosen getauft. Für die Fenster hab ich tief in meine Stoffkiste gegriffen. Oder besser, in den Patchworkkorb mit bunten Quadraten. Von Seide über Vorhangstoff ist alles dabei, was hübsch ist.  Ich bin gespannt, wie der Raum aussieht, wenn ich zwei Stunden drin gewütet hab.

Ab damit zum Creadienstag, zu HoT, zu Dienstagsdinge und zu Gusta!

 

Neu Gelesen

Adam Frost: Mein supercooles Buch über mich.

Petra Mattfeldt: Multiversum. Die Rückkehr.

Was für die lieben Kleinen

Diese Woche stehen zwei Bücher auf dem Speiseplan, die zum Teil schon lange in meinen Regalen stehen. Vor allem Petra Mattfeldts Multiversum. Die Rückkehr wartet bereits eine Zeitlang, aber auch Adam Frosts Mein supercooles Buch über mich wurde skeptisch beäugt. Warum? Weil ich oft finde, dass nichts Besseres nach kommt, vor allem, wenn man über Kinder- und Jugendliteratur spricht. Fast stimmt das auch.

Beginnen wir mit Mattfeldts Multiversum. Vor langer Zeit habe ich bereits den ersten Teil verrissen, von dem ich mich erholen musste und es wird nicht wirklich besser. Tom Stafford, mittlerweile Agent beim MI6, wird wieder zurück geschickt ins Jahr 1215, um die Unterzeichnung der Magna Charta zu beeinflussen. Um es dezent auszudrücken, verstehe ich nicht, weshalb man sich für ein spannendes Buch immer viel zu komplexe Themen aussuchen muss.

Nichts stimmt

Wieder habe ich Probleme mit dem Lektorat, denn ich weiß zum Beispiel nicht, ob die ständigen Wortwiederholungen gewollt sind, oder einem beschränkten Wortschatz entstammen. Ziemlich gewagt finde ich schonmal die Tatsache, dass Mattfeldt die Protagonisten in einem Dialekt sprechen lässt, der zu dieser Zeit schon nicht mehr existierte. Schlechte Recherche ärgert mich und ist unnötig. Außerdem fällt sowieso kein Wort auf Altenglisch. Das wäre auch schwierig, denn wie Althochdeutsch ist es eine eigene Sprache.

Um den Inhalt noch verwirrender zu gestalten, wird ein weiteres Universum hinzugefügt, in dem Tom Stafford als sein eigener Widersacher derart klischeehaft auftritt, dass man nur resigniert die Schultern zucken kann. Man hätte diesen Part wundervoll ausarbeiten können, als eine Art historischer Schizophrenie, aber es bleibt bei Prügeleien und natürlich dem Sieg der Guten. Tom Staffords Mutter, Architektin und ebenfalls Zeitreisende, hat aus der mittelalterlichen Benachteiligung der Frau nichts gelernt und schiebt zu Hause Braten in den Ofen, während der Vater in ganz patriarchalischer Manier weiter macht.

Einfacher Plot

Verwirrend, aber nicht spannend. Das könnte ich zum Inhalt sagen. Sollte eine unschlüssige Stelle auftauchen, gibt es schnell zeitreisende Agenten aus beliebig vielen Universen (Multiversum), die Probleme bereiten oder lösen. Offenbar sind die Menschen in Mittelengland derart beschränkt, dass niemand bemerkt, wenn Gäste sich unschlüssig verhalten oder seltsame Dialekte sprechen. Auch über Sitten und Gebräuche erfährt man nichts, hier gäbe es doch gerade literarisches Konfliktpotential, das wunderbar unterhaltend wäre. Doch alle Ansprüche verlaufen im plappernden Nichts.

Genauso einfach ist der Plot bei Adam Frosts Mein supercooles Buch über mich. Obwohl ich also schwerste Bedenken hatte, wurde ich hier sehr positiv überrascht. Es gibt kein Thema, keinen Inhalt. Dieses Buch ist einfach nur als Gag gedacht. Und er funktioniert. Flachwitze vom Papa, alle superpeinlichen Kosenamen der Mutter, überhaupt alles unangenehme der Familie kann hier aufgetragen oder eingetragen werden.

Kluger Witz

Dabei finde ich es schlau, wie Frost mit dem Intellekt der Kinder spielt. Ich würde das Buch vor allem Grundschulkindern empfehlen, alle anderen sind zu alt dafür. Es gibt eine Seite, auf der kann man eintragen, wo der Wohnsitz ist. Erst eine Landkarte von Deutschland, dann von Europa, dann der Welt und des Universums. Wie lange kann ein Kind seinen Wohnort identifizieren? Ist das nicht nett? Ganz zu schweigen von der Peinlichkeitsskala für Eltern: Bin ich nur superpeinlich oder schon zum Schreien peinlich? Hm.

Umfragen, die keiner braucht: Wie kitzelig man ist, wieviele Fusseln im Bauchnabel grad drin sind, welche Tiere am ekligsten sind. Sofort fangen Kinder an zu kichern und zu kritzeln. Auf Autofahrten, im Urlaub, an Regentagen oder einfach so gegen Langeweile. Ich habe das Gefühl, dass mit diesem Buch viel anzufangen ist. Es ist wirklich supercool! Mein Exemplar wandert auf den Gedankenstapel für lustige Geschenke, die ein Geburtstagskind kriegen kann. Vielleicht noch in Kombination mit einem Stift?

Titelangaben:

Adam Frost: Mein supercooles Buch über mich.

Berlin: Duden Verlag, 2018. 160 Seiten. 6,99 €.

Petra Mattfeldt: Multiversum. Die Rückkehr.

München: Buntstein, 2016. 192 Seiten. 9,99€.

Road Trip VII – León

Bei all dem Trubel um mich herum komme ich kaum hinterher.  Deshalb rührt mich das Bild von Jakob so, der in einer stillen Minute sich einen Fleck fernab vom Chaos gesucht hat, um dort unter dem Baum zu spielen. So kommt es zum heutigen Titelbild.

Nicht nur die Apfelernte beschäftigt mit, auch die Schule hält mich auf Trab. Nicht nur die meiner Kinder, ich selbst drücke auch die Schulbank und bin gespannt, ob ich noch was dazu lernen kann. Mal sehen. In den wenigen Stunden zuhause versuche ich, das Chaos im Zaum zu halten.

Als wir in León waren, konnten wir unsere Familienzeit sehr genießen. Ich bin so froh, dass wir diesen unglaublichen Urlaub miteinander hatten. León sieht man an, dass es einmal die Hauptstadt des kastilischen Königreiches war. Immer noch ist es eine große Stadt, mit einer Universität und einer Musikakademie. Die Gebäude sind herrschaftlich, Skulpturen schmücken die Stadt. Hier gibt es auch die schönsten Kreisverkehre, wie meine Kinder festgestellt haben. Und die müssen es schließlich wissen. Ich liebe Kreisverkehre! Einige so sehr, dass wir gleich mehrere Runden gedreht haben….

In León waren wir zwei Nächte. Und weil ich nicht besonders eitel bin und keinen Termin beim Friseur oder zum Schminken brauchte, hatten wir mehr Zeit für die Stadt als viele andere Hochzeitsgäste. Zum Beispiel konnten wir uns die Kirche schon mal ansehen. Ist sie nicht schön mit dem goldenen Hochaltar?

In León ist es überhaupt kein Problem, wunderbar für kleines Geld Tapas essen zu gehen. Wir hatten nur Schwierigkeiten mit der Siesta, weil wir bis zum Schluss nicht geblickt haben, dass ganz León zwischen 13 und 18 Uhr die Gehsteige hoch klappt. Aber wir konnten ja üben. Die Innenstadt war wunderschön und wir waren erstmals nicht als Touristen unterwegs, sondern als Hochzeitsgäste.

Ist das Brautpaar nicht wunderschön? Ich finde, mein Bruder hat sich eine tolle Frau erwählt! Alle Kinder hatten Rot und Weiß an ihren Kleidern, als Zeichen der kastilischen Braut. Wenn Ihr die Bilder genau anseht, wisst Ihr sicher schnell, welcher Gast mir besonders gut gefallen hat! Mit meinem Abendkleid und Tuch war ich richtig underdressed, kaum zu glauben! Aber schließlich bin ich auch nicht die Hauptperson gewesen.

Es wurden Rosenblüten gestreut und Luftballons in die Freiheit entlassen. Wunderschön!

 

Abends feierten wir in einem Restaurant mit Innenhof und Brunnen. Brrr – Nachts wird es in León richtig kalt! Da half nichts, außer auf die Tanzfläche zu stürzen. Um vier Uhr früh hat mein Mann Charlotte und mich von der Musik weggezerrt. Frechheit. Meine Schwägerin hat erzählt, dass der Rest der Gäste um halb sieben zum Aufbruch gedrängt wurde. Spanische Sitten. Am meisten hat uns die Oma der Braut fasziniert, die mit 94 Jahren bis 6 Uhr früh durchgehalten hat. Respekt!

Am nächsten Tag gab es auf der Anlage noch einmal ein Familienfrühstück. So könnt Ihr alles bei Tageslicht sehen!

In der Zwischenzeit habe ich so viele Jeans zerschnitten, dass ich wieder mit einer Heißklebepistole eine Schnecke gedreht habe. Ein prima Untersetzer, der nun in den Laden wandert!

Und zum Creadienstag, zu HoT, zu Dienstagsdinge und zu Gusta!

 

 

Neu Gelesen

Julia Hofstetter: Stadtgeiss. Vom Leben mit Ziegen in der Stadt.

Michel Beauvais: Hütten, Zelte, Tipis. Mit 50 Anleitungen zum Selberbauen.

Moderne Robinsons

Eine unglaubliche Flut an Büchern äußert sich zu Selbsterfahrung, Survival, Grenzerfahrung, Naturnähe. Nicht nur für Erwachsene, auch für Kinder scheint die Natur mittlerweile ein Mysterium zu sein. Offensichtlich wollen wir zurück zu Mutter Natur. Julia Hofstetter erzählt in Stadtgeiss. Vom Leben mit Ziegen in der Stadt , wie Ziegen die Züricher Innenstadt aufpeppen, während Michel Beauvais in Hütten, Zelte, Tipis. Mit 50 Anleitungen zum Selberbauen rudimentäre Behausungen zum Bauen vorstellt.

Dass ich kein ausgesprochener Ziegenfan bin, ergibt sich aus der Tatsache, dass ich einige Obstwiesen bewirtschafte und mich schon ärgere, wenn die Rehe an den jungen Bäumen nagen. Ziegen? Nein danke! Trotzdem hat mich interessiert, was Julia Hofstetter mit den eigenwilligen Diven so anstellt. Die Biologin bewirtschaftet mit einem eigens gegründeten Verein eine Almende in der Stadt. Für Groß und Klein entsteht so eine Oase mitten in der Metropole.

Aussteiger für einen Tag

Hofstetter liebt ihre Stiefelgeissen sehr, das sieht man gleich am Buch. Die Begeisterung, mit der sie von ihren Ziegen spricht, springt schnell auf die Leser über und ehe man sich versieht, weiß man schon etwas mehr über die hörnertragenden Zeitgenossinnen. Der Stadtgeissverein besteht aus vielen engagierten Menschen, die Kindern und Erwachsenen die Möglichkeit bieten, mitten in einer Stadt etwas von ursprünglicher Natur mitzunehmen.

Der Reiz besteht sicher darin, keine Verantwortung übernehmen zu müssen. Ziegenhirt für einen Tag, welches Kind fände das nicht toll? Hofstetter kooperiert mit Kindertageseinrichtungen und Schulen, um möglichst viele Menschen eine tolle Erfahrung zu garantieren. Als offenes Angebot darf jeder, der will, kommen. Und die anderen? Im Buch wird viel über Ziegen erzählt und um die Natur herum gekocht. Das kann man sich mitnehmen und Lust auf Ziegen bekommen. Ohne zu vergessen, dass die Ziegenwiese nunmal in Zürich liegt.

Waldläufer

Was, wenn beim Wandern plötzlich die Nacht hereinbricht und im Wald geschlafen werden muss? Für diese absolut unwahrscheinlichen Fall hilft Michel Beauvais weiter. Sein Hütten, Zelte, Tipis. Mit 50 Anleitungen zum Selberbauen stellt verschiedene Möglichkeiten vor, mit natürlichen Materialien und ohne viel Hilfe alles vom Unterstand bis zum Gartenhaus zu bauen. Meist braucht man dafür nicht mehr als ein Taschenmesser und eine Schnur.

Beauvais steht in unübersehbarer Nähe zum angesagten Survivaltraining. Offensichtlich hat er sich von alten Kulturtechniken inspirieren lassen. Laubhütten, Baumhäuser, Felsunterstände, Rundhütten, Iglus. Alles, was irgendeine Kultur als Unterschlupf genutzt hatte, wird ausführlich erklärt und nachgebaut. Echte Waldläufer werden also einen Schatz heben. Doch selbst Eltern, die einfach mit ihren Kindern einen vergnüglichen Tag erleben wollen, werden bedient.

Kindertaugliches Survivaltraining

Bohnen- oder Weidentipis für den Garten kennen viele. Doch selten habe ich eine derart detaillierte Bauanleitung gefunden, die noch dazu – zur Freude aller Mathematiker – auf eine verallgemeinerbare Formel frei nach Pythagoras reduziert wurde. Wer mag, findet auf den letzten Seiten sogar noch Bauanleitungen für die Möblierung seines Unterschlupfes. Steinzeitliche Künste stellen dabei uns moderne Stadtmenschen vor große Herausforderungen. Schön, zu sehen, was wir schon wieder verlernt haben.

Beide Bücher widmen sich der wilden Seite nicht nur der Natur, sondern vor allem des Menschen. Wie kommt es, dass wir so sehr vergessen haben, woher wir kommen und wovon wir ein Teil sind? Hofstetter und Beauvais erinnern uns an alte Wurzeln, die viele längst begraben wollten. Wer mag, lässt sich anstecken und wird ein bisschen wilder.

Titelangaben:

Julia Hofstetter: Stadtgeiss. Vom Leben mit Ziegen in der Stadt.

Aarau: AT-Verlag, 2017. 128 Seiten. 25 €.

Michel Beauvais: Hütten, Zelte, Tipis. Mit 50 Anleitungen zum Selberbauen.

Aus dem Französischen von Sybille Segovia.

Aarau: AT-Verlag, 2016. 192 Seiten. 19,95 €.

Road Trip VI – Bilbao

Bilbao. Was soll ich sagen – Friederike will hier mal wieder wohnen. So eine tolle Stadt, von der wir viel zu wenig gesehen haben. Als wir eintrafen, regnete es und auch am folgenden Tag war der Himmel bedeckt. Wir waren in einem Hotel außerhalb der Stadt und wollten ins Guggenheim Museum. Ich wollte dahin. Johann hatte in einem Schulprojekt einen Bauzaun für unseren örtlichen Modekonzern bemalt und die Klasse hatte einen Art Pass für 2018 bekommen. Und darauf stand das Guggenheim Museum in Bilbao. Hallo? Natürlich wollte ich dahin.

Wir parkten in einem Parkhaus nicht weit weg und fanden, was schon die Rezeptionistin zu uns gesagt hatte: Im August sind die Spanier nicht in den Städten. Kein Parkplatzproblem, auch nicht in einer Großstadt. Irre, oder?

Wir liefen den Fluß entlang zu Fuß zum Museum. Norman Foster hatte die Innenstadt von Bilbao neu geplant und man sieht das. Großzügig geschnitten, sogar die Treppenaufgänge sind breit geschwungen und mondän. Nirgends steigt man nur Stufen hoch, eine Flusspromenade wird zum Kunstparcours, die Universität sieht aus wie ein klassizistisches Schloss. Wunderschön!

Vom markanten Bau des Guggenheim Museums muss ich nicht reden. Überall Kunst, davor der schönste Spielplatz, den man sich wünschen kann. Mein Mann hat sich für die Karten in die Schlange gestellt, ich war mit den Kindern auf dem Spielplatz.

Jakob hat sich in seine Klappergestelle verliebt und wir anderen haben uns vor Big Mama geekelt. Überall Jeff Koons, Ai Weiwei, drinnen auch Chagall und Joana Vasconcelos . Unglaublich. Wir blieben ewig, obwohl wir am selben Tag noch nach Leon wollten.

Später haben wir uns in einem spanischen Supermarkt mit regionalen Leckereien eingedeckt und hinter Bilbao ein Picknick am Atlantik gemacht. Einfach aus dem Fenster geschaut, da hat es uns gefallen und da sind wir ans Meer. Rauh und stürmisch, etwas beunruhigend, aber sehr schön.

Erst um vier sind wir über das Gebirge und durch die Rioja nach Kastilien durchgefahren. Leider. Denn zum ersten Mal auf unserer Reise ließen uns das Navi und Google im Stich. Um 21 Uhr trafen wir das Brautpaar in La Ciena, erst um Mitternacht waren wir in León. Was für ein Tag!

Und nun? Mittlerweile habe ich wieder ein Geschenk für ein Baby gemacht. Diesmal zerschnitt und zerfaltete ich ein heißgeliebtes Kinderbuch meiner Mädchen und machte ein Leporello daraus. Für Briefe ans Baby, Unterlagen, Glückwunschkarten. Nettigkeiten.

Verlinkt mit: Creadienstag, HoT, Dienstagsdinge, Gusta!

 

Neu Gelesen

Marjolein Holtkamp: Wildkräuter. Entdecken, Erkennen, Verarbeiten.
Steffen G. Fleischhauer, Astrid Süßmuth: Wildwachsende Heilpflanzen einfach bestimmen.

Es lebe der Wildwuchs

Das Gute liegt schon nah – schon Goethe hat darüber fabuliert. Wer bei einem ausgedehnten Spaziergang durch Wald und Flur die Augen aufmacht, darf erfahren, wie nah das Gute tatsächlich liegt. Marjolein Holtkamp hat für LV-Buch über Wildkräuter. Entdecken, Erkennen, Verarbeiten geschrieben. Steffen G. Fleischhauer und Astrid Süßmuth geben für den AT-Verlag Wildwachsende Heilpflanzen einfach bestimmen heraus. Wer braucht welches Buch?

Ich beginne mit der hübschen nostalgischen Ausgabe von Holtkamp. Schöne Zeichnungen zieren das Deckblatt, ein praktisches Plakat hilft unterwegs, es gibt hinlänglich Platz für Notizen und jede Menge Wissenswertes über Heilkräuter. Gerade für Sammler, die neu einsteigen, ist das Büchlein ideal. Im Anhang finden sich auch Rezepte für Teezubereitungen oder Duftmischungen. Das ist vielleicht etwas allgemein gehalten, reicht aber für Beginner.

Nicht ganz schlüssig
Ich muss zugeben, trotz der schönen Aufmachung stört mich Einiges. Holtkamp schreibt über Wildkräuter, für mich haben da Oregano oder Thymian und Lavendeln nichts zu suchen. Schließlich wachsen sie bei uns nicht wild. Weshalb schreibt sie darüber? Wer bei uns am Straßenrand Salbei findet, darf sich gerne bei mir melden! Zudem wird zwar viel zur Namensherkunft und Verwendungsgeschichte geschrieben, Rezepte für die jeweiligen Kräuter finden sich nur im Ansatz.

Wer also über den Ansatz »Mit Kastanien kann man waschen« hinaus ist, wird nicht ganz glücklich. Neueinsteiger jedoch schon, weil sie sehr komprimiert Wichtiges über die jeweilige Pflanze erfahren. Leider hat Holtkamp einen redaktionellen Fehler im Buch: Königskerze und Nachtkerze werden verwechselt, bzw. statt Königskerze Nachtkerze geschrieben. Egal, wie ähnlich die Namen klingen, sind es dennoch zwei verschiedene Pflanzen. Schlecht lektoriert? Das geht gar nicht!

Hand und Fuß
Dagegen werden bei Fleischhauer und Süßmuth vor allem alte Hasen glücklich. Die Auswahl beschränkt sich zwar auf nur fünfzig Pflanzen, die werden aber sehr gründlich vorgestellt. Große Fotos, detaillierte Beschreibung, Standort, Inhaltsstoffe, verwendbare Pflanzenteile, Sammelzeit, Heilwirkung, Nebenwirkungen, Verwendung in der Hausapotheke, Rezepte, Verwechslungsmöglichkeiten und weiterführende Quellen zu jeder Pflanze lassen keine Wünsche offen.

Dabei sind die Rezepte allesamt durchführbar, ich brauche also kein Pharmaziestudium, um die Heilwirkung zu nutzen. Einsteiger werden die Lektüre vielleicht etwas zu detailliert und mühsam finden, ich habe dagegen das Gefühl, meinen heiligen Gral gefunden zu haben. Besonders gefällt mir an Fleischhauers Kompendium, dass die Heilpflanzen nach Standort sortiert wurden. Also Wegränder, Wald, Wiese, Heide und so weiter.

Geschenk und Eigennutz
Wäre Holtkamp nicht der fatale Lapsus mit der Nachtkerze unterlaufen, würde ich sagen, ihr Kräuterbuch ist ein wundervolles Geschenk für alle, die mal hineinschnuppern wollen in die Welt der Kräuter. Wer weitgehendere Absichten hat, sollte jedoch zum ausführlicheren Buch von Fleischhauer und Süßmuth greifen, es gibt dort einfach mehr zu Lernen.

Literaturangaben:
Marjolein Holtkamp: Wildkräuter. Entdecken, Erkennen, Verarbeiten.
Übersetzt von Elke Adams.
Münster: LV-Buch 2018. 128 Seiten. 14 €.
Steffen G. Fleischhauer, Astrid Süßmuth: Wildwachsende Heilpflanzen einfach bestimmen.
Aarau: AT-Verlag 2018. 288 Seiten. 20 €.

Road Trip V – Donostia San Sebastian

Hier war ich schon einmal als Teenager. Nun kommen meine Teenager zurück. Nach San Sebastian fuhren wir noch am selben Tag, an dem wir auch in Biarritz gewesen waren. Ihr seht es in der Abendsonne. Gegen San Sebastian war Biarritz praktisch menschenleer gewesen. Eigentlich hatte ich vorgehabt, meinem Mann und meinen Kindern die wunderschöne Altstadt zu zeigen, durch die ich als 16-Jährige gelaufen war. Die engen Gassen, die weißen Häuserfronten, die elegante Promenade direkt an der Lagune. Doch daran war kein Gedanke zu verschwenden. Es schien, als wäre ganz Spanien und ganz Frankreich an diesem wunderschönen Fleckchen Erde. San Sebastian liegt in einer Lagune. Als Teenager habe ich sie durchschwommen, mittlerweile liegen hier viele Yachten vor Anker. Endlich, am Ende der Lagune, weit weg vom Stadtzentrum, fanden wir in einer Seitenstraße einen Parkplatz. Nach fünf Stunden Autofahrt von Libourne über Biarritz hierher war kein Halten mehr. Nach der Überquerung der Pyrennäen war der Himmel zwar bewölkt, aber was stört das schon meine Kinder? Die Badesachen irgendwo im Auto? Egal. Barfuss, Unterhose, an diesem Abend waren alle nass. Den Spaniern war es auch egal, ich mag diese absolut entspannte Stimmung am Strand sehr.

Es war schwierig, den Kindern um acht Uhr abends zu erklären, dass unser Hotel in Bilbao liegt. Als wir dort ankamen gegen 10 Uhr abends, waren wir müde und übellaunig. Ihr seht am letzten Foto, wie langsam die Skyline von Bilbao vor uns aufsteigt.

Mein Babypulli war fertig, deshalb hatte ich ein Tuch angefangen, aus Sockenwollresten. Mittlerweile ist auch das gespannt und fertig.

Ab damit zum Creadienstag, zu HoT  und zu Dienstagsdinge!

Well, the kids had a hard time this day. From Libourne to Biarritz, from Biarritz to San Sebastian, form San Sebastian to Bilbao. Never enough time to enjoy everything as we should, always on the run. If there wasn’t the ocean, I guess we would have been lost.

I will definitely come back to San Sebastian and its beautiful nostalgic city. But I say that every other day. I even managed to squeeze in some knitting, which is always a good thing…..

Neu Gelesen

Jürgen Tautz, Diedrich Steen: Die Honigfabrik. Die Wunderwelt der Bienen. Eine Betriebsbesichtigung.

Kim Lehmann: Bienenwerkstatt. 52 Projekte für angehende Imker.

Süße Wächterinnen über die Natur

Jakob und ich wollen irgendwann einmal imkern. Zeitfenster offen. Bis es so weit ist, freue ich mich immer wieder über Bienenbücher. Diesmal traf die Auswahl das populärwissenschaftliche Buch Die Honigfabrik. Die Wunderwelt der Bienen. Eine Betriebsbesichtigung von Jürgen Tautz und Diedrich Steen, sowie ein kreatives Imkerbuch, nämlich Kim Lehmanns Bienenwerkstatt. 52 Projekte für angehende Imker. Beide machen richtig Lust auf Bienen.

Begonnen habe ich mit dem Buch des Biologen Tautz. Der international renommierte Professor und Experte für Bienen spickt die Honigfabrik auf gut verständliche Weise mit Fachwissen, während der Hobbyimker und Programmleiter des Gütersloher Verlagshauses Steen aus seinem Erfahrungsschatz plaudert. Gerade diese Symbiose aus Hands-On und Fachwissen finde ich als Laie besonders interessant. Nie wird es anstrengend, in der Honigfabrik zu lesen.

Faszination Biene

Ich beginne mit dem Ende: Die Honigfabrik schließt mit einem Dialog der beiden Autoren. Wenn über die Bienen gesprochen wird, gleitet der Text schnell ins Emotionale, man merkt, wie sehr die Autoren ihre Bienen mögen. Das macht das Buch sehr sympathisch. Toll ist auch das umfangreiche Literaturverzeichnis am Schluss, für all jene, die noch mehr wissen möchten. Die Fotos im Anhang beziehen sich auf die Kapitel im Fließtext und dienen der zusätzlichen Illustration.

Tautz sieht die starke Symbiose zwischen Mensch und Biene, die schließlich die Menschen überall auf der Welt dazu brachte, Bienen in Bienenstöcken zu halten und ihren Honig zu ernten. Wer sich mit der Imkerei befassen möchte, tut gut daran, sich den Superorganismus des Bienenstocks genau anzusehen, den Tautz »den Bien« nennt. Was unterscheidet Winter- und Sommerbienen, Ammenbienen und Arbeiterinnen, Drohnen und gewöhnliche Bienen. Alles wird angesprochen.

Sympathisch respektlos

Dabei gefällt mir die direkte und offene Art Tautz‘, über den Bien zu sprechen. Der Jungfernflug der Königin, die sich nur einmal begatten lässt, oder Irrtümer über den Bienentanz – Tautz führt launig durch die Honigfabrik, ohne zu kalauern. Ganz nebenbei lernt man, was Honig ist, den Unterschied zu Propolis und weshalb die Waben sechseckig werden. Ich fühle mich nach dieser Lektüre sehr beschenkt.

Kim Lehmanns Bienenwerkstatt dagegen richtet sich an Personen, die bereits Zugang zu Bienenprodukten haben oder selber imkern. Der Schwerpunkt liegt auf der Praxis und wie man kreativ mit Bienen tätig werden kann. Es werden also Bienenstöcke eingerichtet und aufgestellt, Rauchstoffbündel für den Smoker gebunden und Futterautomaten gebaut. Kleine Projekte, die oft kindertauglich sind, lockern den Handwerksteil auf.

Bienenprodukte nutzen

Wabenhonig herstellen, Honig mit Kräutern würzen, Salben rühren: Bienenprodukte wie Wachs, Propolis und Honig haben viele Verwendungszwecke. Kim Lehmann zeigt einige davon auf, gerade die Kinderprojekte sind KiTa – und schultauglich und eine Inspirationsquelle für Pädagogen. Manche kenne ich schon, Salben und Lippenbalsame rühre ich auch selbst an. Das macht die Projekte nicht schlecht, sind sie doch in einem Buch praktisch gebündelt.

Kleine wissenschaftliche Experimente zum Bienensummen oder Wabenbau finde ich genauso toll wie die Versuche, für Enkaustik eigene Wachsplatten herzustellen. Auch Kerzenziehen wird erklärt, das erinnert mich an die Vorweihnachtszeit. Insgesamt gelingt es Kim Lehmann sehr gut, für die Honigbienen zu sensibilisieren, auch wenn man nicht gleich Imker werden möchte. Obwohl ich im Allgemeinen praktische Bücher favorisiere, muss ich diesmal sagen, dass mir der Rundgang durch die Honigfabrik einfach besser geholfen hat, Bienen zu verstehen. In der Kombination finde ich beide Bücher unschlagbar.

Titelangaben:

Jürgen Tautz, Diedrich Steen: Die Honigfabrik. Die Wunderwelt der Bienen. Eine Betriebsbesichtigung.

Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2017. 272 Seiten. 19,99 €.

Kim Lehmann: Bienenwerkstatt. 52 Projekte für angehende Imker.

Aus dem Englischen von Franz Leipold.

Bern: Haupt Verlag, 2018. 144 Seiten. 22 €.

Road Trip IV

Meerkontakt auf 12 Uhr! Ehrlich, das waren Jakobs Worte, als wir auf unserer nächsten Etappe Biarritz erkundeten. Wir hatten den Bus auf dem P+R Parkplatz gelassen, unser T5 schien nicht geeignet für die elegante französische Atlantikküste. Schon das hübsche Rathaus mit ausladendem Blumenarrangement raubte uns den Atem, ganz zu schweigen vom Casino und den hübschen Strandkabinen am Ozean. Meine Kinder erinnerten sie etwas an die Legionärszelte von Asterix und Obelix. Was soll’s. War ja auch in Frankreich. 🙂

Zurückhaltung am Meer? Schwierig. Wenigstens mit den Füßen wollten wir ins Salzwasser. Gut, dass niemand hören kann, was meine Kinder mich alles gescholten haben, weil der Rucksack mit den Badesachen im Auto geblieben war. Ab Biarritz beschlossen wir außerdem, dass Supermarktessen toll ist und wir  uns gern selbst versorgen. Eine gute Entscheidung.

Das letzte Foto zeigt ein Hochzeitsgeschenk, schließlich waren wir auf dem Weg zur Hochzeit meines Bruders. Wenn Geldgeschenke angesagt sind, finde ich das Design immer etwas schwierig. Weil ich gerne falte, gabs ein Buch mit Blüten. Und zwar keine falschen!

Verlinkt mit Creadienstag, HoT, Dienstagsdinge, Gusta und AlttrifftNeu!

This time we went from Libourne to Biarritz, if you want to follow us on a map. We loved Biarritz, it’s so old fashioned, classy and nostalgic. The boys loved the ocean most, I guess, no wonder. I decided to love French supermarkets. What a choice of great food!

Neu Gelesen

Sarah Hamilton: Kartenwerkstatt. Geschenk- und Grußkarten selbst gestalten.

Von Hand zum Gruß

Ja, schon klar: Wer Asterix nicht kennt, findet es nicht witzig. Doch, ehrlich gesagt, wie oft schreibt Ihr noch eine Karte von Hand für einen Menschen, den Ihr beglücken möchtet? Na?

Sarah Hamilton stellt in Kartenwerkstatt. Geschenk- und Grußkarten selbst gestalten Künstlerinnen vor, die genau das tun. Von Hand geschriebene, selbst hergestellte Karten verschenken. Die Londoner Druckdesignerin verhilft so verstaubten Papeterieartikeln zu neuem Ansehen.

Noch vor einhundertfünfzig Jahren war die Möglichkeit, jemandem eine Karte zu schreiben, ein Weg der schnellen und unaufwendigen Kommunikation. Weil nur eine Seite beschrieben wurde, konnte die andere geschmückt werden. Kunstvolle Grafiken wichen den Fotografien der Touristenorte. Anders die Grußkarte, die nach wie vor aufgeklappt und innen beschrieben wird. Zur Taufe, zum Geburtstag, zum Abitur, zur Beerdigung.

Abgehoben von der Masse

Die Karten, die Sarah Hamilton vorstellt, sind so unterschiedlich wie die Charaktere der Künstler, die sie entwerfen. Generell gilt: Alles ist erlaubt. Es wird gesammelt, geklebt, geschnitten, gefaltet und gedruckt. Die Druckerin Hamilton stellt Karten im Siebdruckverfahren her. Wie das geht, erläutert sie genau anhand eines Kartenprojekts. Wem die Anschaffung eines Druckrahmens zu aufwendig ist, der hat die Möglichkeit, sich in eins der zahlreichen anderen Projekte zu verlieben.

Lynn Giunta arbeitet mit Decoupage, das lädt zu Stöberaktionen bei Zeitschriften und hübschen Papieren ein. Sarah Morpeth dagegen arbeitet als Scherenschnittkünstlerin absolut exakt. Auch Karten aus Linolschnittkunstwerken gibt es und das erinnert mich besonders an meinen Kunstunterricht als Gymnasiastin. Ich finde gerade den Gedanken, dass ich schöne Schnittplatten mehrfach verwenden kann, interessant.

Individuelle Karten für jeden Anlass

Klar hat man meist einen Grund, eine Karte zu versenden. Besonders schön finde ich dennoch die Karten, die einfach so gestaltet sind. Meine Erfahrung zeigt zudem, dass sich trotzdem meist die richtige Karte findet. Es gibt Künstlerinnen, die in Mixed – Media gestaltet sind und solche, die als Collage arbeiten mit intertextuellen Bezügen wirken. Als alte Upcyclerin hab ich es gern mit Collagen und verliebe mich sofort in die zarten und humorvollen Darstellungen.

Auch Techniken, mit denen ich noch keine Erfahrungen gemacht habe, werden vorgestellt. Fadengrafik, digitale Illustration oder Foliendruck sagen mir erstmal gar nichts. Allein die Vielfalt der Techniken raubt mir den Atem. Pro Technik wird ein Projekt erläutert, der Rest ergibt sich aus Analogieschlüssen. Kein unnötiges Doppeln von Informationen. Sympathisch finde ich auch die kurzen Biografien, die immer jeder Künstlerin voran gestellt sind. Man möchte doch wissen, mit wem man es zu tun hat! Spätestens nach der letzten Seite heißt es: Auf in die Werkstatt.

Titelangaben:

Sarah Hamilton: Kartenwerkstatt. Geschenk- und Grußkarten selbst gestalten.

Aus dem Englischen von Martina Simonis.

Bern: Haupt Verlag, 2018. 128 Seiten. 24,90 €.