Rita Lüder, Frank Lüder: Die geheimnisvolle Welt der Pilze. Das Natur-Mitmachbuch für Kinder.
Schwammerlfieber
Tja, ich gebe es zu. Rita und Frank Lüders Die geheimnisvolle Welt der Pilze. Das Natur-Mitmachbuch für Kinder habe ich mir gar nicht für meine Kinder zuschicken lassen. Vielmehr habe ich hier ein deutliches Defizit zu verarbeiten. Ich bin in einer Familie aufgewachsen, die sich sehr gut mit Pilzen auskennt. Und was habe ich daraus gelernt? Nichts. Zeit, das zu ändern. Da kommt mir dieses Pilzbuch gerade recht.
Ich denke, dass nicht nur ich in Sachen Pilze Nachholbedarf habe. Wie gut, dass Rita Lüder Biologin mit Forschungsschwerpunkt »Pilze« ist und ihr Mann begeisterter Sammler. Denn so bekomme ich auf ansprechende Weise Wissen kompakt vermittelt. Die Biologin erläutert auf den ersten Seiten, was Pilze eigentlich sind und was sie können. Nur wenig davon war mir bekannt (dass das Hyphengeflecht »Myzel« heißt, zum Beispiel), das meiste stellte für mich faszinierendes Neuland dar. Pilze, die Alleskönner.
Wie und wo Pilze wachsen
Wie sind Pilze aufgebaut, wo wachsen sie, welche Spuren hinterlassen sie? Dass der Pilz die Frucht des Geflechts ist, wusste ich nicht. Das Myzel war für mich immer die Wurzel der Pilze. Ähem. Dass Pilze Holz färben, wusste ich auch nicht, dass Pilze und Bakterien die Resteverwerter im Wald sind, schon. Gottlob, nicht ganz hoffnungslos. Meine Kinder waren sofort fasziniert von den schönen Grafiken und den Mitmachseiten, die der Haupt-Verlag gewohnt perfekt präsentiert.
Ein schönes Rätsel, wer gern knobelt: Wer gehört zu wem? Manche Pilze wachsen ausschließlich in Partnerschaft mit bestimmten Bäumen, der Name »Birkenpilz« spricht Bände. Andere gedeihen auch auf Wiesen oder mit unterschiedliche Partnern. Das hilft z.B., um Champignons und Knollenblätterpilze zu unterscheiden, da letztere immer im Verbund mit Eichen wachsen. Gewusst? Ich nicht. Fleissige kleine Hände bekommen erklärt, wie man ein Pilzherbarium anlegt, große Mamas erhalten eine Übersicht der Speisepilze.
Partnerschaft in der Natur
Natürlich ist die Übersicht über die Speisepilze mein Favorit in diesem Buch. Steinpilze wachsen bei Buchen und Fichten (aha, ich sollte mal im Garten nachsehen…), Rotkappen bei Birken und der Parasol auf Lichtungen und Wiesen. Wichtig sind auch die giftigen Verwechslungspartner, da gerade bei Champignons so viele Verwechslungsmöglichkeiten bestehen. Gibt man aber auf Lüders Ratschläge Acht, kann man getrost sammeln gehen.
Der Umgang mit Pilzen wird ebenfalls erklärt. Werden sie abgeschnitten oder herausgedreht, wie putzt man Pilze und wie schnell muss man sie wie verarbeiten. Alles erklärt das Ehepaar Lüders mit wunderhübschen Bildern und das Wissen wird mit Fragetabellen gleich noch gegengeprüft und vertieft. Für Kinder lustig und schön gemacht sind die Seiten zur Pilzbestimmung. Wie kommen die Pilze zu ihren manchmal skurrilen Namen?
Pilze im Naturkreislauf
Wie sich Pilze vermehren, welchen Platz sie in Nahrungsketten einnehmen und welche Spuren sie hinterlassen sind Fragen, die einen Großteil im Buch der Lüders einnehmen. Denn nicht nur Menschen finden Pilze lecker, auch Eichhörnchen, Wildschweine, Rehe und Fliegen mögen bestimmte Sorten furchtbar gerne. Gleichzeitig tragen Tiere so zur Vermehrung und Verbreitung der Pilze bei, da die Sporen oft am Fell oder Kot haften und so weiter transportiert werden.
Für Biologen können Pilze zudem nützliche Hinweise auf die Bodenbeschaffenheit liefern. Je nachdem, ob ein Boden sauer oder kalkhaltig ist, können darauf unterschiedliche Pilzarten gedeihen. Was wiederum unterschiedliche Baumpartnerschaften und eine entsprechende Fauna und Flora nach sich zieht. So wichtig sind also derart kleine Waldbewohner. Wer mag, kann sich mit einfachen Mitteln biochemische Tests basteln und selbst heraus finden, mit welchem Boden er es zu tun hat.
Pilze daheim
Pilze können nicht nur gut schmecken, sie haben noch weitere Talente. Manche Holzpilze haben eine derart feste Struktur, dass sie sich, getrocknet, zum Basteln eignen. Andere, wie der Lackporling, verfügen über eine beschreibbare Unterseite. Ist das nicht spannend? Der Zunderschwamm wurde über Jahrhunderte zum Feuermachen benutzt, da er Funken, die ein Feuerstein o.ä. Versprühen, auffängt und zu glimmen beginnt. Der Tintling heißt so, weil er seit jeher zum Schreiben benutzt wurde und mit vielen Pilzen lassen sich Fasern in allen Farben von Gelb bis Violett einfärben. Bei soviel Möglichkeiten kann ich es kaum erwarten, mein Pilzbuch einzupacken und mit den Kindern in den Wald zu stapfen. Endlich wieder etwas zu tun!
Titelangaben:
Rita Lüder, Frank Lüder: Die geheimnisvolle Welt der Pilze. Das Natur-Mitmachbuch für Kinder.
Bern: Haupt- Verlag, 2015. 128 Seiten. 24,90 EUR.